Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien

1. Lesben- und Schwulenverband Österreichs

HOSI Wien höchst erfreut über VfGH-Entscheidung zur künstlichen Befruchtung

„Wir sind höchst erfreut über die heute bekannt gewordene Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs in Sachen Fortpflanzungsmedizingesetz“, erklärt Cécile Balbous, Obfrau der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien. „Für uns bedeutet diese Entscheidung, dass die langjährige Forderung, eine Gesetzesänderung herbeizuführen, damit der bis dato bestehende gesetzliche Ausschluss von in gleichgeschlechtlichen Beziehungen lebender Frauen vom Zugang zu medizinisch unterstützter Fortpflanzung beseitigt wird, nun endlich erfüllt wird.“

„Immerhin hat ja die Bioethik-Kommission im Bundeskanzleramt bereits im Juli 2012 eine diesbezügliche Empfehlung abgegeben. Zudem teilt auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Ansicht, dass das Recht, ‚ein Kind zu bekommen und sich zur Erfüllung des Kinderwunsches die Errungenschaften der Fortpflanzungsmedizin zunutze zu machen‘, zu jenen Rechten zählt, die vom Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention geschützt werden“, so Balbous weiter. „Die heutige Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs ist daher eine logische Konsequenz der Anerkennung von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften.“

„Der VfGH trägt damit auch dem Umstand Rechnung, dass der Gesetzgeber es ohnehin nicht verhindern kann, dass Frauen, die schwanger werden können und es wollen, es auch werden. Nun wird der bisherige unsägliche Umstand beseitigt, dass österreichische Frauen zur Erfüllung ihres Kinderwunsches Samenbanken im benachbarten Ausland in Anspruch nehmen oder sich die ‚Befruchtung‘ im Freundeskreis organisieren mussten“, ergänzt HOSI-Wien-Obmann Christian Högl. „Bedauerlich bleibt, dass einmal mehr die Gerichte für eine Entscheidung bemüht werden mussten, die eigentlich im Verantwortungsbereich der Politik liegt.”

Gegenstand der Prüfung durch den VfGH

Einen Antrag zur Prüfung, ob im § 2 Abs 1 des FMedG („Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung ist nur in einer Ehe oder Lebensgemeinschaft von Personen verschiedenen Geschlechts zulässig“) die Wortfolge „von Personen verschiedenen Geschlechts“ verfassungswidrig sei, wies der VfGH bereits im November 2012 mit der Begründung zurück, die Streichung dieser Wortfolge würde einen vermeintlich fassungswidrigen Zustand im FMedG nicht beseitigen. Der VfGH führt dazu aus, dass die im Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen für den Zugang zur Fortpflanzungsmedizin nur von Partnern in heterosexuellen Lebensgemeinschaften erfüllt werden können.

Bei seinem heutigen Urteil prüfte der VfGH einen neuerlichen Antrag, der um die Prüfung der Verfassungswidrigkeit der vom Verfassungsgerichtshof angesprochenen vorgesehenen Voraussetzungen für den Zugang zur Fortpflanzungsmedizin erweitert wurde, und stellte nun fest, dass auch die besagten Bestimmungen nicht verfassungskonform und mit 31. Dezember 2014 aufgehoben sind.

Hier die relevanten Gesetzespassagen:

§ 2. (1) Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung ist nur in einer Ehe oder Lebensgemeinschaft von Personen verschiedenen Geschlechts zulässig.
(2) Sie ist ferner nur zulässig, wenn nach dem Stand der Wissenschaft und Erfahrung alle anderen möglichen und zumutbaren Behandlungen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft durch Geschlechtsverkehr erfolglos gewesen oder aussichtslos sind oder ein Geschlechtsverkehr zur Herbeiführung einer Schwangerschaft den Ehegatten oder Lebensgefährten wegen der ernsten Gefahr der Übertragung einer schweren Infektionskrankheit auf Dauer nicht zumutbar ist.

§ 3. (1) Für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung dürfen nur die Eizellen und der Samen der Ehegatten oder Lebensgefährten verwendet werden.
(2) Für die Methode nach § 1 Abs. 2 Z 1 darf jedoch der Samen eines Dritten verwendet werden, wenn der des Ehegatten oder Lebensgefährten nicht fortpflanzungsfähig ist.

In seinem Urteil bestätigte der VfGH die gänzliche Verfassungswidrigkeit von § 2 Abs. 2, § 3 Abs. 1 und § 3 Abs. 2 und jene der Wortfolge „von Personen verschiedenen Geschlechts“ in § 2 Abs. 1. Für alleinstehende Frauen ändert sich auch nach diesem Urteil nichts, sie bleiben weiterhin vom Zugang zu medizinisch unterstützter Fortpflanzung ausgeschlossen.

Siehe auch:
Aussendung vom 28.11.2012
Aussendung vom 15.10.2011
Aussendung vom 18.3.2004

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