Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien

1. Lesben- und Schwulenverband Österreichs

HOSI Wien fordert Möglichkeit der künstlichen Insemination auch für Lesben

So einfach wie im Humanic-Werbespot ist es in Österreich für lesbische Paare nicht, ihren Kinderwunsch zu erfüllen. (Fotos: Humanic)

Im neuen TV-Spot des Schuhhauses Humanic sucht sich ein lesbisches Paar einen passenden Spender aus der Datei einer Samenbank aus. Damit sorgt die Werbeagentur Konzett, die für den seit 23. Februar laufenden Spot verantwortlich zeichnet, für ein großes Missverständnis.

Denn in der Realität ist es hierzulande nicht möglich, als lesbisches Paar oder als Frau ohne Ehemann oder Lebensgefährten die Dienste einer Samenbank in Anspruch zu nehmen.

Kein Zwang zum Geschlechtsverkehr!

Dass das so bleiben soll, sieht auch der im Jänner 2004 vorgelegte Begutachtungsentwurf des Justizministeriums zur Novelle des Fortpflanzungsmedizingesetzes vor. Die HOSI Wien hat in ihrer Stellungnahme indes entsprechende Änderungen gefordert: „Es ist nicht einzusehen, warum lesbische Frauen, ob allein stehend oder in einer Paarbeziehung, zwar auf die ‚natürliche‘ Methode, also durch Geschlechtsverkehr mit einem Mann, schwanger werden dürfen, nicht aber mittels künstlicher Befruchtung mit dem Samen desselben Mannes“, ärgert sich HOSI-Wien-Obfrau Bettina Nemeth. „Das geht Justizminister Böhmdorfer nicht das Geringste an! Wenn er Lesben mit Kinderwunsch zum Geschlechtsverkehr zwingen will, kommt das einer Nötigung gleich!“

„Dass ein Mann, der einer Frau seinen Samen ohne Geschlechtsverkehr zur Verfügung stellt, auch noch mit Geld- bzw. Gefängnisstrafe bedroht wird, ist skandalös und schon deshalb hochgradig lächerlich, weil ohnehin nicht kontrolliert oder nachgewiesen werden kann, wie die Zeugung schließlich erfolgt ist, wenn sich der Samenspender und die Frau einig sind und die künstliche Befruchtung ‚privat‘ durchführen“, ergänzt HOSI-Wien-Mitarbeiterin Gudrun Hauer, die die Stellungnahme der HOSI Wien federführend ausgearbeitet hat. „Wenn eine lesbische Frau schwanger werden kann und es auch will, werden es die Behörden nicht verhindern, sondern ihr es höchstens erschweren können.“

„Wenn jedoch lesbische Frauen von medizinischer Fortpflanzungshilfe ausgeschlossen werden, so erhöht sich sowohl ihr eigenes Gesundheitsrisiko als auch das des Kindes“, gibt HOSI-Wien-Obmann Christian Högl zu bedenken. „Denn bei einer privat organisierten Samenspende kann sich die Frau nicht zur Gänze gegen das Vorhandensein gefährlicher Infektionen beim Spender, etwa mit HIV, absichern. Das Fortpflanzungsmedizingesetz stellt daher eine nicht zu vernachlässigende Gesundheitsgefährdung von lesbischen Frauen dar, die durch das Gesetz gezwungen werden, ihren Kinderwunsch durch eine solche privat organisierte Samenspende zu erfüllen. Darüber hinaus stellt nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Beschwerde Karner gegen Österreich vom Juli 2003 die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher gegenüber verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaften im Fortpflanzungsmedizingesetz – wie in allen Gesetzen – einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention dar.“

HOSI Wien wird Befruchtungsseminare anbieten

„Wir lassen uns eine derartige staatliche Bevormundung nicht mehr länger gefallen“, gibt sich Nemeth kämpferisch. „Sollte das Gesetz nicht entsprechend geändert werden, damit auch lesbische Frauen unter medizinisch sicheren Bedingungen eine künstliche Befruchtung an sich vornehmen lassen können, dann werden wir Lesben mit Kinderwunsch dabei unterstützen, ihre Erfolgsquote bei privat organisierter Samenspende zu erhöhen. An und für sich ist diese Methode, sich mit dem frisch gespendeten Samen eines Mannes selber künstlich, also ohne Geschlechtsverkehr, zu befruchten, relativ leicht anzuwenden, die HOSI Wien wird aber in Zukunft eigene Informationsveranstaltungen dazu anbieten, sollte der Gesetzgeber nicht zur Vernunft kommen.“

„Zahlreiche Studien haben im Übrigen gezeigt, dass Kinder, die von zwei Frauen oder zwei Männern aufgezogen werden, keinerlei Schaden nehmen. Auch das oft vorgebrachte Argument, Kinder bräuchten Vater und Mutter – auch Bundespräsidentschaftskandidatin Benita Ferrero-Waldner rechtfertigt im aktuellen Falter damit die Diskriminierung von gleichgeschlechtlichen Paaren –, muss angesichts der vielen allein erziehenden Mütter und Väter ins Leere gehen – denn sonst müsste man ja auch diesen ihre Kinder wegnehmen“, betont Högl, der heute auch in der Barbara-Karlich-Show zum Thema schwule bzw. lesbische Eltern zu Wort kommen wird.

HINWEIS: Die Stellungnahme der HOSI Wien zur Fortpflanzungsmedizingesetz-Novelle 2004 ist hier im vollen Wortlauf nachzulesen.

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