Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien

1. Lesben- und Schwulenverband Österreichs

ÖVP-Tancsits gegen HOSI Wien: Geldsammelaktion vor der ÖVP-Zentrale

SOS Meinungsfreiheit

Im Ehrenbeleidigungsprozess, den der ÖVP-Nationalratsabgeordnete Walter Tancsits gegen die HOSI-Wien-Aktivisten Christian Högl und Kurt Krickler angestrengt hat, findet kommenden Freitag, 21. April 2006, vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien (Wickenburggasse 22, Wien 8, 10.30 Uhr, Saal 308, 3. Stock) die nächste Verhandlung statt.

Die neuerliche Behandlung in erster Instanz wurde notwendig, da das Oberlandesgericht Wien den ursprünglichen Freispruch vom April 2005 aufgehoben hat.

Offener Brief an OLG-RichterInnen

„Wir halten diese Entscheidung des OLG Wien vom Jänner 2006 für höchst skandalös“, ist Krickler immer noch empört. „Die OLG-RichterInnen machen sich nämlich Sorgen, dass ein ihrer Ansicht nach unbegründetes Schwingen der Nazi-Keule politisch Andersdenkende aus Angst davor abhalten könnte, ihre offenbar ‚nazioiden‘ bzw. faschistoiden Ansichten öffentlich zu äußern. Wir halten es hingegen mit der antifaschistischen Parole ‚Wehret den Anfängen!‘ und finden, man kann die Nazi-Keule nicht früh und oft genug schwingen angesichts der neonazistischen und rechtsextremen Tendenzen, die ja seit dem FPÖVP-Regierungsantritt immer salonfähiger geworden sind. Wir werden jedenfalls in der Gerichtsverhandlung den Nachweis antreten, dass die ÖVP sehr wohl punktuell nationalsozialistisches Gedankengut vertreten hat. Wir haben genug Material gesammelt. Wenn Tancsits die politische Auseinandersetzung in die Gerichte tragen will, soll uns das nur recht sein. MedienvertreterInnen sind herzlich eingeladen, der Verhandlung am Freitag beizuwohnen.“

Die HOSI Wien hat in einem Offenen Brief die drei OLG-RichterInnen, die sich um die Meinungsfreiheit der Rechtsextremen sorgen, übrigens um dringende Aufklärung ersucht, wie ihre Begründung zu verstehen ist. Die Entscheidung des OLG und der Offene Brief stehen unten zum Download bereit.

Geldsammeln für Tancsits‘ unverschämte Geldforderungen

Tancsits fordert als Privatankläger nicht nur die Bestrafung der beiden HOSI-Wien-Aktivisten (Höchststrafe bis zu einem Jahr Gefängnis), sondern auch die Zahlung einer angemessenen Entschädigung an ihn seitens der HOSI Wien als Medieninhaberin. „Die HOSI Wien denkt jedoch nicht daran, ihre Vereinsmittel, die ja im Wesentlichen aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen bestehen, Tancsits nachzuwerfen und damit unsere wichtige Arbeit zu gefährden“, erklärt Obmann Högl. „Wir müssen ja u. a. die katastrophalen Auswirkungen der ÖVP-Politik im schwul-lesbischen Bereich abfangen. Die ÖVP meint ja, sich zur willigen Vollstreckerin des vermeintlichen gesunden Volksempfindens in Sachen Diskriminierung und Unterdrückung von Lesben und Schwulen machen zu müssen. Sie trägt daher u. a. die Hauptschuld an jenem gesellschaftlichen Klima in Österreich, das etwa dazu führt, dass 40 % aller Selbstmordversuche von homosexuellen Menschen unternommen werden, obwohl sie nur rund 10 % der Bevölkerung ausmachen. Während also durch die Politik der ÖVP auch viele junge Menschen in den Selbstmord getrieben werden, versucht die HOSI Wien, Leben zu retten. Wir haben in unserer mehr als 25-jährigen Tätigkeit sicherlich schon viele Dutzende junge Lesben und Schwule vor dem Freitod bewahrt. Diese wichtige Arbeit lassen wir uns durch Tancsits‘ unverschämte Forderung nach einer Entschädigungszahlung für seine vermeintlich beleidigte Ehre nicht gefährden. Wir werden daher morgen Donnerstag von 8.30 bis 10.30 und von 14 bis 17.30 Uhr vor der ÖVP-Zentrale in der Lichtenfelsgasse in Wien um Geld betteln, damit wir im Falle einer Verurteilung nicht auf Vereinsmittel zurückgreifen müssen, um Tancsits‘ Privatschatulle zu füllen.“

Spendenaufruf

Die HOSI Wien hat auch zu einer internationalen Solidaritäts- und Spendenaktion aufgerufen, um die hohen Verfahrenskosten aufzubringen. „Für das straf- und zivilrechtliche Verfahren durch alle Instanzen rechnen wir mit Kosten von insgesamt rund € 25.000,–, die wir vorfinanzieren müssen“, erklärt Krickler. „Wir sind aber überzeugt, in Straßburg beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Recht zu bekommen, denn dessen umfassende einschlägige Judikatur ist eindeutig und wurde auch seitenweise von der Richterin, die uns im Vorjahr freigesprochen hat, zitiert. Aber offenbar hat Tancsits‘ Kritik am Freispruch Ende Mai 2005 (siehe unsere Aussendung vom 1.6.05) gewirkt und die OLG-RichterInnen zu dieser eher willkürlichen Entscheidung veranlasst. Gewinnen wir in Straßburg, muss uns dann die Republik, also der österreichische Steuerzahler, alle Kosten ersetzen. Tancsits wäre dann finanziell aus dem Schneider, obwohl er diesen Rechtsstreit mutwillig vom Zaun gebrochen hat. Wer keine Kritik verträgt, sollte nicht Politiker werden, sondern besser Hausmeister im Kindergarten.“

Die HOSI Wien ersucht daher auch um Spenden auf ihr Konto Nr. 0023-57978/00 bei der BA-CA, BLZ 12.000, Kennwort „Tancsits“.

Zum bisherigen Geschehen hat die HOSI Wien eine eigene Web-Abteilung erstellt: www.hosiwien.at/sos

Der Brief ans OLG: download
Urteil des Oberlandesgerichts vom 30. Jänner 2006 download

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