Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien

1. Lesben- und Schwulenverband Österreichs

HOSI Wien legt gegen Verurteilung in Ehrenbeleidigungsprozess Berufung ein

„Nachdem das Oberlandesgericht im Jänner 2006 den ursprünglichen Freispruch der beiden HOSI-Wien-Aktivisten aufgehoben hatte, war klar, dass es heute zu einer Verurteilung in dem vom ÖVP-Abgeordneten Walter Tancsits angestrengten Ehrenbeleidungsverfahren kommen würde.“

„Denn die Richterin musste der Rechtsansicht des OLG folgen“, kommentiert HOSI-Wien-Generalsekretär Kurt Krickler das heutige Urteil des Landesgerichts: Während Obmann Christian Högl abermals freigesprochen wurde, wurde Krickler zu einer bedingten Geldstrafe von € 240,– und die HOSI Wien zu einer direkten Entschädigungszahlung an Tancsits in der Höhe von € 1.500,– verurteilt.

„Wir haben jedoch volle Berufung eingelegt“, erklärt Krickler weiter. „Jetzt geht die Sache wieder ans OLG. Da nicht damit zu rechnen ist, dass das OLG seine rechtliche Beurteilung ändern wird, wird uns wohl nichts anderes übrigbleiben, als bis nach Straßburg zu gehen. Angesichts der einschlägigen Judikatur sind wir aber zuversichtlich, vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) schließlich Recht zu bekommen. Dass man die Sache nämlich rechtlich auch anders betrachten kann, hat ja schon unser Freispruch im Vorjahr gezeigt. Das Problem ist halt, dass die Oberlandesgerichte die Rechtsprechung des EGMR nicht in ausreichender Weise berücksichtigen, was ja bereits die drei von den EU-14 eingesetzten Weisen im Jahre 2000 in ihrem Bericht kritisiert haben (Punkt 99 des Berichts). Österreich zählt ja auch zu den in Straßburg am meisten verurteilten Ländern unter den 46 Mitgliedsstaaten des Europarats, weil die Höchstgerichte große Probleme haben, die Europäische Menschenrechtskonvention korrekt auszulegen.“

Bleierne Zeit dank ÖVP

„Jetzt ist auch genau das eingetreten, was die drei Weisen in ihrem Bericht 2000 hinsichtlich der FPÖ kritisiert haben: Die ÖVP bekommt gerichtliche Unterstützung bei ihrem Versuch, KritikerInnen zum Schweigen bringen zu wollen“, weist Krickler speziell auch auf die Punkte 93, 96, 97, 98 sowie 100-103 des Weisenberichts hin. „Es ist schon beängstigend, wie die Meinungsfreiheit in Österreich geknebelt wird. Mittlerweile beklagen ja auch schon viele andere Kommentatoren den Machtrausch der ÖVP. Bleibt nur zu hoffen, dass die bleierne Zeit, die sich seit dem Antritt der ÖVP/FPÖ/BZÖ-Regierung über das Land gelegt hat, bald vorbei ist. Wie schon bei der Haltung der ÖVP zur Frage der Entschädigung der homosexuellen NS-Opfer im Opferfürsorgegesetz drängen sich auch hier in der Verfolgung all jener, die anderer Meinung, Andersdenkende oder KritikerInnen sind, Parallelen zum Nationalsozialismus auf. Als die Nazis 1933 an die Macht kamen, wurde die Lesben- und Schwulenbewegung sofort brutal zerschlagen.“

HOSI Wien ruft dringend um Spenden und Unterstützung auf

Damit eine Zerschlagung, wenn auch mit subtileren Methoden, heute durch das Vorgehen der ÖVP und mancher ihrer VertreterInnen nicht wieder passiert, ruft die HOSI Wien zu Spenden auf. „Nicht die Strafen sind existenzbedrohend, sondern die Anwalts- und Gerichtskosten. Wir rechnen, dass wir Kosten von rund € 25.000,– vorfinanzieren müssen, bis wir in Straßburg Recht bekommen. Diese Mittel haben wir derzeit nicht, deshalb benötigen wir dringend Spenden, aber auch ideelle Unterstützung von Prominenten, PolitikerInnen und KünstlerInnen, die diesem Machtrausch der ÖVP ein Ende setzen wollen. Das Ehrenbeleidigungsverfahren ist ja nur eine von vielen Facetten dieses Machtrausches. Oder glaubt wirklich jemand, es geht dabei bloß um die Ehre oder die Kränkung des Herrn Tancsits? Wir haben ja eine Ehrenerklärung angeboten, aber Tancsits wollte ja unbedingt auch, dass wir die bisherigen Kosten tragen – für ein Verfahren, das er mutwillig vom Zaun gebrochen hat! Offenbar geht es der ÖVP viel eher darum, ein Exempel zu statuieren, um auch andere kritische NGOs einzuschüchtern.“

Werden die Sache durchkämpfen

„Wir werden die Sache aber bis zum Ende durchkämpfen und uns nicht einschüchtern lassen“, gibt sich Krickler kämpferisch. „Auf Wunsch betrachten wir Spenden auch als Darlehen, die wir, falls wir das Verfahren schließlich gewinnen, wieder zurückzahlen.“

Spenden werden erbeten auf das Konto der HOSI Wien:

Konto Nr. 0023-57978/00 bei der BA-CA, BLZ 12.000, Kennwort „Tancsits“.

Für Überweisungen aus dem Ausland:

IBAN: AT71 1100 0002 3579 7800
BIC/SWIFT: BKAUATWW
Bank Austria – Creditanstalt
Schottengasse 6, 1010 Wien

ANMERKUNG: Der Weisenbericht und die wichtigsten Dokumente aus den Akten des Verfahrens sowie Links zu bisherigen Aussendungen in dieser Sache finden sich am Ende unserer Aussendung vom 14. März 2006.

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