Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien

1. Lesben- und Schwulenverband Österreichs

Nach gewalttätigen Übergriffen auf Lesben und Schwule in Moskau: Nicht zur Tagesordnung übergehen!

Jewgenia Debrjanskaja und Nikolaj Aleksejew kündigten am Vormittag des 27. Mai auf einer Pressekonferenz die Demo vor dem Moskauer Rathaus an.

„Nach den gewalttätigen Übergriffen durch einen Mob aus rechtsgerichteten Nationalisten, aufgehetzten orthodoxen Gläubigen sowie Neonazis und Skinheads auf Lesben und Schwule, die friedlich für das Recht auf Versammlungsfreiheit demonstrieren wollten, können und dürfen wir nicht einfach wieder zur Tagesordnung übergehen“, erklärt Bettina Nemeth, Obfrau der HOSI Wien.

Wie berichtet (Medienaussendung vom 28. Mai 2006), waren letzten Samstag mehrere schwule und lesbische AktivistInnen von der Polizei festgenommen, andere durch den gewalttätigen Mob verletzt worden, darunter der grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck sowie Pierre Serne und Kurt Krickler, zwei Vorstandsmitglieder des europäischen Lesben- und Schwulenverbands ILGA-Europa.

Kritik an Schüssel – Österreich muss aktiv werden

„Wenige Tage vor diesen Ereignissen in Moskau hat Russland turnusgemäß den Vorsitz im Ministerkomitee des Europarats übernommen“, ergänzt HOSI-Wien-Obmann Christian Högl. „Wir wissen, dass diese Funktion Russland quasi automatisch als Mitgliedsstaat zukommt, dennoch haben wir heute in einem Schreiben an Außenministerin Ursula Plassnik die österreichische Bundesregierung aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass Russland von dieser Funktion wieder abgesetzt wird. Immerhin steht die Glaubwürdigkeit des Europarats auf dem Spiel. Und wenn es keine andere Möglichkeit gibt, ist wohl auch eine Suspendierung der Mitgliedschaft Russlands im Europarat zu überlegen. Gleichfalls erwarten wir von Österreich als derzeitigem EU-Ratsvorsitzland, Initiativen für entsprechende Demarchen auch im Rahmen der EU zu setzen.“

Den Ausschreitungen in Moskau ging ein Verbot der Moskauer Gay-Pride-Parade durch Bürgermeister Jurij Luschkow voraus, der seine Entscheidung mit äußerst homophoben Argumenten rechtfertigte. Zusätzlich haben im Vorfeld religiöse Führer der orthodoxen, islamischen und jüdischen Glaubensgemeinschaften die geplante Parade heftig kritisiert und zum Teil sogar zur Gewalt gegen die TeilnehmerInnen aufgerufen. Politik und Kirchen haben durch ihre Hetze erst den Nährboden für diese Gewalttätigkeiten erzeugt.

„Wir bedauern es sehr, dass Bundeskanzler Wolfgang Schüssel nur einige Tage nach dem Verbot der Moskauer Gay-Pride-Parade mit Wladimir Putin in Sotschi zusammentraf, ohne offenbar diese eklatante Grundrechtsverletzung anzusprechen“, kritisiert Nemeth die bedenkliche Haltung der EU und ihres gegenwärtigen Ratsvorsitzenden. „Dabei wäre es wirklich höchste Zeit, dass Europa stärker Druck auf Russland ausübt und die Menschenrechtsverletzungen und das Schüren homophober und xenophober Gewalt in diesem Land nicht länger schweigend hinnimmt.“

Hassprediger aller Konfessionen zurückdrängen!

„Die EU muss auch“, so Högl abschließend „den Einfluss der Hassprediger jeglicher Konfession, ob der katholischen, orthodoxen, muslimischen, jüdischen oder einer sonstigen, zurückdrängen, statt die Kirchen – wie es Bundeskanzler Schüssel vorschwebt – zu stärken. Denn wohin diese Hasspredigten und die religiöse Hetze gegen Minderheiten führen, haben wir leider vergangenen Samstag in Moskau erleben müssen.“

HINWEIS: Zum Download hier: Brief der HOSI Wien an Außenministerin Plassnik und eine ausführliche, 25-seitige Dokumentation der ILGA-Europa (in englischer Sprache) über die Ereignisse in Moskau am 27. Mai 2006.

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