Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien

1. Lesben- und Schwulenverband Österreichs

Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien feiert 30. Geburtstag

Österreichs erster Lesben- und Schwulenverband, die Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien, wird 30. „Diesen runden Geburtstag werden wir heuer natürlich das ganze Jahr über gebührend feiern“, kündigte Jona Solomon, die neu gewählte Obfrau, gestern auf der 30. Generalversammlung des Vereins an, die gleichsam den Auftakt zu diesem Jubiläum bildete. Hatte doch alles im März 1979 mit einem Inserat in der Wiener Programmzeitung Falter begonnen.

„Möchte Schwulengruppe in Wien gründen bzw. an einer mitarbeiten“, stand in der Kleinanzeige, die der spätere erste Vereinsobmann Wolfgang Förster aufgegeben hatte. „Auf diese Annonce meldeten sich etliche Personen, und so kam es ab Ende März zu den ersten Treffen, zuerst noch in Privatwohnungen. Aber wegen des großen Andrangs mussten sie ab Mai 1979 ins Alternativlokal ‚Treibhaus‘, das spätere ‚Rotstilzchen‘, im 5. Wiener Gemeindebezirk verlegt werden“, berichtet Generalsekretär Kurt Krickler, der ab dem zweiten Treffen mit von der Partie war. „1981 stießen die ersten Frauen zum Verein und gründeten eine eigene Lesbengruppe, die sich seither jeden Mittwoch trifft.“

Einmalige Erfolgsgeschichte

„Es war sicherlich einer dieser seltenen historischen Zufälle, dass eine Gruppe von Menschen mit ähnlichen Vorstellungen und Ideen, die auch gut miteinander auskamen, zur gleichen Zeit am selben Ort zusammentrafen, um ein Projekt aus der Taufe zu heben und so nachhaltig umzusetzen, dass es auch nach so langer Zeit noch fortbesteht“, meint Christian Högl, der gestern als Obmann wiedergewählt wurde.

Bereits bei den ersten Treffen wurde die Vereinsgründung diskutiert. Schließlich wurden Statuten ausgearbeitet und bei der Vereinspolizei eingereicht. Im Dezember 1979 kam der offizielle Nichtuntersagungsbescheid, und im Jänner 1980 konstituierte sich der Verein. Bald darauf wurden eigene Räumlichkeiten gesucht und ab Juli 1980 in der Novaragasse 40 angemietet. „Bis heute ist das HOSI-Zentrum ein in ehrenamtlicher Selbstverwaltung geführtes Kommunikations- und Veranstaltungszentrum geblieben, das durchschnittlich vier- bis fünfmal pro Woche abends geöffnet hat. Das macht der HOSI Wien niemand so schnell nach: Ein Vereinslokal, das ohne Basisfinanzierung und bezahlte MitarbeiterInnen 30 Jahre lang den regelmäßigen Betrieb aufrechterhält, ist nicht nur in der – internationalen – Lesben- und Schwulenbewegung, sondern auch in der inländischen NGO-Szene eher eine Seltenheit“, betont Solomon.

„Auch in all ihren anderen Tätigkeitsbereichen, die sich bald herauskristallisierten und im Lauf der Zeit immer vielfältiger und umfassender wurden, hat die HOSI Wien in all den 30 Jahren ohne bezahlte Angestellte oder Basisförderung gearbeitet“, ergänzt Högl. „Öffentliche Subventionen haben wir nur für konkrete Projekte und auch da in erster Linie für Sachkosten erhalten. Vielleicht ist ja auch diese finanzielle Unabhängigkeit ein Grund dafür, warum die HOSI Wien immer noch besteht.“

„Nach 30 Jahren können wir jedenfalls eine äußerst erfolgreiche Bilanz ziehen: Die gesellschaftliche Lage von Lesben und Schwulen hat sich gewaltig verbessert, wozu wir mit unserer politischen Lobby-, aber auch konsequenten Medien- und Öffentlichkeitsarbeit sicherlich nicht unwesentlich beigetragen haben“, zeigt sich Solomon stolz. „In rechtlicher Hinsicht haben wir die strafrechtliche Entkriminalisierung, die Anerkennung der homosexuellen NS-Opfer im Opferfürsorgegesetz, Anti-Diskriminierungsbestimmungen in der Arbeitswelt und die gesetzliche Gleichstellung von homo- mit heterosexuellen Lebensgemeinschaften erreicht. Als letztes großes Projekt steht noch die Eingetragene Partnerschaft an, für die wir seit 20 Jahren ebenfalls federführend kämpfen. Vielleicht bekommen wir sie ja heuer noch als Geburtstagsgeschenk zu unserem Jubiläum. Höchste Zeit für eine Anerkennung oder ein Zeichen des Dankes durch das offizielle Österreich für das 30 Jahre währende gesellschaftliche Engagement der HOSI Wien wäre es allemal.“

Vielfältige Tätigkeitsfelder

„Gerade die soziale Funktion des Vereins sollte nicht unterschätzt werden“, betont Högl. „Seit 1983 trifft sich jeden Donnerstag etwa die Jugendgruppe im HOSI-Zentrum, die unschätzbare Hilfe beim persönlichen Coming-out von jungen Lesben und Schwulen leistet. In all den Jahren haben hier viele hunderte junge Menschen Unterstützung bei Problemen erfahren, und auch der eine oder andere Selbstmord konnte wohl verhindert werden. Vorbildlich – aber ebenfalls bis heute unbedankt – war auch die um- und weitsichtige Reaktion der HOSI Wien Anfang der 1980er Jahre auf die AIDS-Krise, als die HOSI Wien sich an vorderster Front an der Gründung der AIDS-Hilfe beteiligte und die österreichische AIDS-Politik entscheidend beeinflusste.“

Kultur, Bildung und Paraden

Über all die Jahre hat es die HOSI Wien auf herausragende Weise verstanden, Geselligkeit mit Kultur und Bildung zu vereinen und damit auch Öffentlichkeitsarbeit im weitesten Sinne zu betreiben. Bestes Beispiel hiefür ist ihre eigene, seit 1982 bestehende Theatertruppe The HOSIsters, die jedes Jahr ein neues Stück zur Aufführung bringt, aber leider ausgerechnet heuer im Jubeljahr eine schöpferische Pause einlegt – aber Fans dürfen beruhigt sein: Die Vorbereitungen für die Produktion 2010 laufen bereits!

Die HOSI Wien hat aber auch viele andere unübersehbare Spuren hinterlassen. Seit 1979 erscheinen ihre LAMBDA-Nachrichten, die damit die älteste Lesben- und Schwulenzeitschrift im deutschsprachigen Raum ist. Die HOSI Wien hat sechs Bücher herausgegeben und betreut seit 1996 eigene Websites im Internet. Zwei jährliche Großprojekte sind 2003 bzw. 2004 dazugekommen: die Durchführung der Regenbogenparade und die Organisation des Regenbogenballs.

Auf internationaler Ebene, wo sich die HOSI Wien seit 1981 engagiert, spielt sie ebenfalls in der obersten Liga: Keine andere Organisation war öfter Gastgeberin für Tagungen der International Lesbian and Gay Assocation (ILGA) als die HOSI Wien, die auch als einzige drei ILGA-Weltkonferenzen ausgerichtet hat; ihr Mitarbeiter John Clark lenkte drei Jahre als Generalsekretär die Geschicke des Weltverbands, Kurt Krickler stand sieben Jahre an der Spitze ihres europäischen Regionalverbands ILGA-Europe.

HINWEISE: Eine ausführliche Übersicht über unsere vielfältige Arbeit und die größten Erfolge findet sich auf unserem Website unter dem Menüpunkt „Unsere Ziele/Erfolge“.

Historische und aktuelle Fotos in Druckauflösung aus dem HOSI-Wien-Archiv sind auf Anfrage erhältlich.

Rückfragehinweis:
Christian Högl, Tel. 0699-11811038
Jona Solomon, Tel. 0676–88892211
Kurt Krickler, Tel. 0664–5767466

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