Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien

1. Lesben- und Schwulenverband Österreichs

Resolution der 24. Generalversammlung (8. März 2003)

BILDUNG

Seit vielen Jahren gibt es weltweit und europaweit einen zeitgemäßen wissenschaft–lichen Diskurs auf dem Gebiet der Frauen-, Lesben- und Schwulenforschung. Es gibt einen reichen Theorie- und Erfahrungsschatz auf dem Gebiet einer lesben- und schwulenfreundlicher Pädagogik – sowohl für Kinder, Jugendliche als auch in der Erwachsenenbildung. Und es gibt entsprechende Buch- und Zeitschriftenpublikationen – von der komplexen wissenschaftlichen Studie bis hin zum Bilderbuch für Kinder im Vorschulalter.

Österreich hat diese internationalen Entwicklungen verschlafen. Ganz besonders für jugendliche Lesben ist sehr oft die Suche nach Lektüre der erste Schritt im Coming-out. Es ist erschütternd zu wissen, dass es Literatur, die ihnen helfen würde, sehr wohl gibt, dass ihnen der Zugang zu solchen Büchern aber vielerorts durch ein Verhalten, das nur als Zensur bezeichnet werden kann, immer noch vorenthalten oder zumindest extrem erschwert wird.

Eine gute Versorgung sämtlicher Buchhandlungen, Bibliotheken und Bildungseinrichtungen sowohl mit aktueller Unterhaltungsliteratur als auch mit fortschrittlichen Sachbüchern und Ratgebern zum Thema Homosexualität ist aber keineswegs nur für jene etwa zehn Prozent der Bevölkerung relevant, die selbst lesbisch oder schwul sind. Sie dient genauso der Aufklärung der Öffentlichkeit. Lektüre, die Verwandte und Bekannte von Lesben, LehrerInnen und sämtliche andere Berufsgruppen beim Abbau von Vorurteilen und Erwerb von ##neuem Wissen unterstützt, ist für ein gedeihliches Zusammenleben der heterosexuellen Mehrheit und der homosexuellen Minderheit unerlässlich.

Wir fordern deshalb:

* positive und realitätsbezogene Darstellung lesbischen Lebens in Schul- und Jugendbüchern;
* entsprechende Ankäufe seitens der öffentlichen Bildungseinrichtungen und Bibliotheken, um ihrem Bildungs- und Informationsauftrag nachzukommen;
* eine LehrerInnen-Ausbildung, die PädagogInnen auf kompetenten und unterstützenden Umgang mit lesbischen Mädchen vorbereitet;
* die Thematisierung lesbischer Lebensweisen in der Erwachsenenbildung;
* die Einführung von Lesben- und Schwulenstudien an den Universitäten.

ARBEITSWELT

Finanzielle Unabhängigkeit und eigenständige soziale Absicherung haben für lesbische Frauen einen besonderen Stellenwert. Wirklich faire Ausbildungs- und Aufstiegschancen für Frauen würden den Wohlstand erhöhen und zu einer wertvollen Bereicherung der Gesellschaft führen. Leistungsgerechte Entlohnung für Frauen ist ein Gebot der Gleichstellung, Gleichberechtigung und Menschenrechte.

Sexistische Diskriminierung wurde von der Gewerkschaft bereits als Problem erkannt und teilweise auch erfolgreich bekämpft. Wollen lesbische Frauen ihre Rechte durchsetzen, die für die Mehrheit der Bevölkerung selbstverständlich sind (z. B. Freistellung zur Pflege einer erkrankten Partnerin oder deren Kindes, Sonderurlaub bei Tod der Partnerin), müssen sie am Arbeitsplatz offen als Lesben auftreten können, ohne dass ihnen dadurch Nachteile und Diskriminierungen erwachsen. Wenn Lesben und Schwule von ArbeitnehmerInnenrechten ausgeschlossen sind, muss das als eindeutige Diskriminierung erkannt und geändert werden.

Wir fordern deshalb:

* wirksame Maßnahmen gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz aufgrund sexueller Orientierung;
* Fortbildungen für ArbeitgeberInnen und ArbeitskollegInnen, um Diskriminierung und Homophobie in Betrieben und Ämtern zu thematisieren und wirksam zu bekämpfen;
* die Ausdehnung aller bisher auf verschiedengeschlechtliche Beziehungen beschränkten Rechte und Sozialleistungen auf gleichgeschlechtliche Lebensformen.

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