Liebes Mitglied,

wir bitten dich diesmal mit besonders gutem Grund, zur Generalversammlung am kommenden Samstag zu kommen – sie wird wichtiger als viele andere bisher: Es stehen schwierige Entscheidungen wegen unserer Erneuerung an. Und da ist es schon wichtig, dass du da bist, mitredest und mitentscheidest.
 
Dafür solltest du schon jetzt Basis-Infos zum Hauptthema bekommen – und zwar nicht aus der Gerüchteküche, sondern von uns Vorstandsmitgliedern, die unsere Erneuerung vorantreiben und auch verantworten.
 
Statt der Gerüchteküche: Was wirklich geschah
 
Dieses Hauptthema ist natürlich der Übergang von Christian Högl als Obmann zu Moritz Yvon und die Ablöse von Kurt Krickler als Generalsekretär: Was ist hier geschehen – und warum? Wir waren dabei und halten hier die Fakten fest.
 
Der Reihe nach: Nachdem Christian schon vor über einem Jahr angekündigt hatte, sich zurückziehen zu wollen, hatte es vor der März-Vorstandssitzung ein Gespräch mehrerer AktivistInnen mit ihm darüber gegeben: Moritz erklärte sich bereit, als neuer Obmann bei der Generalversammlung zu kandidieren. Das hatte noch Christians ausdrückliche Unterstützung.
 
Christian geht; Moritz wird kooptiert
 
Christian hat dann aber anlässlich einer Diskussion zur Genderfrage die Vorstandssitzung im März vorzeitig verlassen und seinen sofortigen Rücktritt angekündigt. Wir haben ihn gebeten, sich das noch einmal zu überlegen, aber ohne Erfolg: Sein Rücktritt war nicht mehr aufzuhalten. Als daher der Wechsel unerwartet akut anstand, hat der Vorstand Moritz im April als neuen Obmann kooptiert, wie es die Statuten verlangen. Und zwar einstimmig.

Das lief also anders, als wir alle es uns gewünscht haben. Aber das ändert nichts an der wirklichen Dankbarkeit, die wir Christian schulden: Der Vorstand will und wird Christian seine Anerkennung und seinen Dank für 22 Jahre aussprechen, die er uns allen und dem Verein als Obmann gedient hat. In der jüngeren Geschichte der HOSI gab es keine Ehrenpräsidenten. Umso ernsthafter ist unser Antrag an die Generalversammlung, Christian den Titel "Ehrenpräsident" zu verleihen: Dieser Titel ist jedenfalls kein versteckter Tritt, wie manche sagen, sondern mehr als eine bloße Ordensschleife; er ist der tatsächliche und bedingungslose Dank für seinen tatsächlichen und bedingungslosen Einsatz für uns und unsere gemeinsame Sache.

Ein einziges Detail ist hingegen schief gelaufen: Christians Mail-Adresse wurde, aufgrund von Missverständnissen und einer Fehleinschätzung ihrer Bedeutung für Christian, blockiert. Das tut uns sehr leid und wir haben es am nächsten Tag alsbald mit einer Entschuldigung rückgängig gemacht.
 
Im Vorstand: 11:2 für Neubeginn

In der Folge ist mit Kurt ein seit vielen Jahren bestehendes Problem eskaliert: Seine besonderen Fähigkeiten, kontroverse Dinge auf den Punkt zu bringen und sich dabei auch rigoros durchzusetzen, haben uns durch die Jahrzehnte sehr genützt. Es gab mit dieser Kompromisslosigkeit aber auch Kollateralschäden innerhalb des Vereins und auch im Außenauftritt. Diesen Preis haben wir gerne bezahlt, denn Kurt hat der HOSI mit seiner enormen Energie und seiner mitunter recht direkten Art sehr viel gebracht. Er ist für viele geradezu die HOSI; er verkörpert den Pioniergeist unserer Bewegung. Heute aber stehen wir als HOSI und gesamtgesellschaftlich vor einer neuen Situation, die Anpassung der Ziele und der Instrumente erfordert, mit denen wir sie erreichen wollen.
 
Zank, Beleidigung und Untergriffe zählen nicht zu diesen Instrumenten. Wir haben das Kurt bei der Vorstandssitzung im April zu vermitteln versucht. Der Versuch verlief nicht sehr erfolgreich. Nach über zwei Stunden Diskussion kam eine Mehrheit 11:2 zum Ergebnis, dass die Basis für eine vertrauensvolle, konstruktive Zusammenarbeit innerhalb des Vorstands nicht mehr gegeben ist und berief Kurt als Generalsekretär ab.
 
Die HOSI wieder in der Community etablieren
 
Wenn von 13 Leuten 11 sagen, „Sorry, so macht das keinen Sinn mehr“, dann ist das nicht Mobbing, wie manche das unterstellen, sondern klares Sehen der vorhandenen Defizite. Wenn sich Defizite in diesem Ausmaß zeigen, kann ein Vorstand, der seine Verantwortung ernst nimmt, gar nicht anders handeln. Zu dieser Verantwortung gehört auch, sicherzustellen, dass Kurts viele Tätigkeiten von Anderen verlässlich übernommen werden. Das ist innerhalb weniger Tage gelungen. Dank unserer AktivistInnen ist jedes einzelne Projekt der HOSI auch weiterhin gesichert. Wir werden auch darüber auf der Generalversammlung berichten.

Seine großen Verdienste um die HOSI Wien und um die les/bi/schwule Emanzipationsbewegung bleiben vollkommen unbestritten. Wir verstehen, dass Kurts Abberufung für den Verein eine Herausforderung ist und bei ihm und anderen große Emotionen hervorruft. Wir hoffen, dass nach der Generalversammlung eine Aussprache und Beilegung des Konflikts möglich wird.

Bis dahin wird der Vorstand zunächst die laufenden Projekte Schritt für Schritt abarbeiten, allen voran die Regenbogenparade 2018 und die Vorbereitungen zur EuroPride Vienna 2019. Noch wichtiger allerdings: Wir müssen den Verein wieder als starke, geachtete Stimme innerhalb der Community etablieren. Und wir müssen angesichts völlig veränderter Umstände - wie etwa die schwarz-blaue Bundesregierung - politisch aktiver werden, denn neue Zeiten brauchen neue Antworten.

Deswegen sind wir auch froh, dass sich am kommenden Samstag alle Mitglieder eine Meinung bilden und ihre Entscheidung dazu treffen können. Wir hoffen, dich dort zu sehen.

Liebe Grüße

Anja Erlacher, Referentin der Jugendgruppe

Lui Fidelsberger, Obfrau

Peter Funk, Jugendsekretär

Paula Gludovatz, Kassierin

Lukas Käferle, Referent EuroPride Vienna 2019

Mischa Richter, Schriftführer

Lukas Schawerda, Referent Coming-out-Gruppe

Claudio Schön, Referent Jugendgruppe

Markus Steup, Kassier

Jasmin Wimmer, Referentin Coming-out-Gruppe

Moritz Yvon, Obmann