Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien

1. Lesben- und Schwulenverband Österreichs

ÖVP lehnt Entschädigung homosexueller NS-Opfer weiterhin ab

NR-Abg. Josef Winkler (ÖVP) war schlecht gebrieft und lieferte eine peinliche Vorstellung.

Gestern abend stand im Plenum des Nationalrats die erste Lesung des Antrags der Grünen auf Novellierung des Opferfürsorgegesetzes (OFG) auf der Tagesordnung – u. a. sollen die wegen ihrer Homosexualität verfolgten Opfer endlich einen Rechtsanspruch auf Entschädigung nach dem OFG erhalten. Ähnliche Anträge waren zuletzt 1995, 2001 und 2002 am Widerstand von ÖVP und FPÖ gescheitert. In der gestrigen Debatte erklärte ÖVP-Abgeordneter Josef Winkler, die ÖVP werde auch diesmal gegen diesen Antrag stimmen.

Peinliche Vorstellung

Winkler, Förster aus Kärnten, der dem zuständigen Ausschuss für Arbeit und Soziales, dem den Antrag schließlich zugewiesen wurde, gar nicht angehört, hat offenbar von der Materie überhaupt keine Ahnung. Schlecht gebrieft, verbreitete er in seiner Rede vor dem Plenum auch noch Unwahrheiten. So behauptete Winkler, die wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgten NS-Opfer hätten auch bisher schon als politisch Verfolgte Anspruch auf Entschädigung gehabt und eine solche auch erhalten.

„Das ist kompletter Unfug“, meint dazu HOSI-Wien-Generalsekretär Kurt Krickler, der Winklers peinlicher Vorstellung auf der Zuschauergalerie des Parlaments beiwohnte: „Das Gegenteil trifft zu: Uns ist sogar ein Fall bekannt, dass einem Betroffenen im nachhinein die Opfereigenschaft vom Sozialministerium aberkannt wurde, als sich herausstellte, dass er im KZ nicht den roten Winkel der politischen Häftlinge, sondern den rosa Winkel der Homosexuellen getragen hatte. Sämtliche Anträge auf Entschädigung nach dem OFG, die von Personen eingereicht wurden, die wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgt wurden, sind mit dem Hinweis auf die mangelnde Rechtsgrundlage im OFG abgelehnt worden.“

„Uns ist vollkommen unverständlich“, ergänzt HOSI-Wien-Obmann Christian Högl, „warum die ÖVP, wenn sie ohnehin der Ansicht ist, auch die homosexuellen Opfer sollten einen Rechtsanspruch auf Entschädigung nach dem OFG haben oder hätten ihn ohnehin schon, sich so vehement dagegen sträubt, die beiden Worte ‚sexuelle Orientierung‘ zu den im OFG genannten Verfolgungsgründen hinzuzufügen.“

Üblicher Eiertanz der FPÖ?

FPÖ-Abgeordneter Eduard Mainoni wollte sich gestern noch nicht festlegen. Man wolle die Sache im Ausschuss ernsthaft diskutieren. „Angesichts der Erfahrungen mit den Freiheitlichen steht aber zu befürchten“, so Högl weiter, „dass die FPÖ letztlich wie immer im Stehen umfallen und sich der Koalitionspartnerin unterwerfen wird. Auch beim § 209 StGB hatten sich freiheitliche Politiker zuerst für eine ersatzlose Streichung ausgesprochen und dann doch dem Ersatzparagraphen 207 b zugestimmt.“

Mainoni hat in seiner Rede im übrigen die Wortwahl der HOSI Wien in ihren Aussendungen (Anm.: OTS0002 vom 14.4.03 und OTS0026 vom 4.5.03) heftig kritisiert. „Solange die FPÖ bestimmten NS-Opfern einen Rechtsanspruch auf Entschädigung verweigert“, rechtfertigt Högl diese Wortwahl, „müssen wir unsere Kritik jedoch aufrechterhalten. Wenn FPÖ und ÖVP durch ihre Position zum Ausdruck bringen, bestimmte Personen seien zu Recht im Konzentrationslager gefangengehalten und ermordet worden, kann man ihnen den Vorwurf nicht ersparen, NS-Gedankengut zu vertreten. – Wie gesagt: Zwei ergänzende Worte ins OFG eingefügt – und die Sache wäre erledigt.“

„Offenbar wollen FPÖ und ÖVP aber von ihrem Justament-Standpunkt nicht runter“, glaubt Krickler, „auch um den Preis, dass durch diese Haltung tausende homosexuelle NS-Opfer ein weiteres Mal demütigt und in ihrer Menschenwürde verletzt werden.“

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