Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien

1. Lesben- und Schwulenverband Österreichs

HOSI Wien erstattet Strafanzeige gegen ÖVP-Abgeordnete nach dem NS-Verbotsgesetz

Eine Anzeige gegen die ÖVP-Abgeordneten wurde eingebracht.

„Wegen der Weigerung der ÖVP, homosexuelle NS-Opfer nach dem Opferfürsorgegesetz anzuerkennen und ihnen einen Rechtsanspruch auf Entschädigung zu gewähren, hat die Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien heute Strafanzeige gegen alle 79 ÖVP-Abgeordneten bei der Staatsanwaltschaft Wien wegen Verdachts auf Verstoß gegen das NS-Verbotsgesetz eingebracht“, berichtet HOSI-Wien-Obfrau Bettina Nemeth.

„Mit dieser ihrer Ablehnung legen die ÖVP-Abgeordneten eine Haltung an den Tag, mit der sie nationalsozialistische Verbrechen gegen die Menschlichkeit, nämlich die Inhaftierung von rund 15.000 homosexuellen Menschen in Konzentrationslagern, von denen rund 10.000 ermordet wurden, nicht nur gröblich verharmlosen, sondern letztlich auch zumindest indirekt gutheißen und folglich zu rechtfertigen versuchen. Alles Tatbestände, die das Verbotsgesetz unter Strafe stellt.“

„Mit ihrer Haltung haben die ÖVP-Abgeordneten auch die Kritik der von der Bundesregierung eingesetzten Historikerkommission ignoriert“, ergänzt Obmann Christian Högl, „die in ihrem Schlussbericht vom Jänner 2003 beanstandete, dass nach Aufhebung des Verbots der Homosexualität 1971 keine rückwirkende Einbeziehung der wegen ihrer Homosexualität vom Nazi-Regime Verfolgten ins Opferfürsorgegesetz (OFG) erfolgte und ‚dass auf Grund formalrechtlicher Erwägungen sogar die Anhaltung im Konzentrationslager, die keinesfalls als rechtsstaatliche Maßnahme betrachtet werden kann, im Sinne einer Bestrafung nach österreichischem Recht interpretiert wurde‘ (S. 342).“

Faschistisches Gedankengut

Zwei Jahre nach Veröffentlichung dieses Berichts ist das Opferfürsorgegesetz immer noch nicht entsprechend geändert worden. Ein im März 2003 im Nationalrat eingebrachter Antrag auf Novellierung des OFG wurde im Februar 2004 im Sozialausschuss vertagt, ein Fristsetzungsantrag der Grünen vorige Woche abgelehnt. Bereits vor Veröffentlichung des Schlussberichts der Historikerkommission, nämlich 1995, 2001 und 2002 hat die ÖVP im Nationalrat Anträge auf Berücksichtigung der wegen ihrer Homosexualität verfolgten NS-Opfer im OFG abgelehnt.

„Die Haltung der ÖVP-Abgeordneten ist eine Schande“, meint Nemeth weiter, „für sie sind die verfolgten Lesben und Schwule offenbar gewöhnliche Kriminelle gewesen, die ihre Inhaftierung und Ermordung im KZ rechtmäßig verdient haben. Wir sind entsetzt, dass diese Leute heute immer noch derartiges faschistisches Gedankengut vertreten. Wir rufen die ÖVP-Abgeordneten daher auf, sich 60 Jahre nach Befreiung vom Nationalsozialismus von den letzten Resten nationalsozialistischen Denkens zu befreien und endlich alle Opfergruppen gleichzubehandeln.“

HINWEIS: Die Anzeige (samt Begründung) ist hier abrufbar.

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